über Sinn und Unsinn elektronischer Navigation auf Segelyachten

 

Mittlerweile ist es Usus geworden das jedes Segelmagazin, das was auf sich hält mindestens in jeder 2. Ausgabe

seinen Lesern die Vorteile und Feinheiten der elektronischen Navigation nahelegen muß. Elektronische Seekarten

sind ja viel billiger als papierene, viel leistungsfähiger und die Systeme sind kinderleicht zu bedienen. Vorbei

scheinen die Zeiten als einer der obersten Grundsätze bei der Wahl von Bootsausrüstung "keep it simple" lautete.

Die Frage was Segler denn nun tun soll wenn die vielgepriesene Technik denn mal versagt wird unisono mit "da

muß natürlich noch ein klassisches Backup an Bord sein" beantwortet. Damit scheint das Thema vom Tisch, zumindest

dem der jeweiligen Redaktion.

Der Computer (hier wird in der Regel der Begriff Notebook) benutzt kann, und lt. Magazinen sollte, heutzutage

mindestens folgenden Aufgaben an bord übernehmen: Navigation, Emailfunktionen, Wetterdaten sammeln und auswerten,

am Besten aus dem Internet. Nebenher sollte er natürlich die Selbststeueranlage kontrollieren, für Radio und

Bildempfang zuständig sein und die Kinder mit lustigen Spielen unterhalten.

Und was nehmen wir dafür? Natürlich den ausgedienten Firmennotebook, den man letztes Jahr dringend loswerden

wollte, weil er nicht mehr so richtig sauber bootet!

Eigentlich gehören die Redakteure und auch die anerkannten Segelkoryphäen, die diesen Unsinn propagieren mit

genau ihrer Vorschlagsausrüstung an Bord in einem Bananaboat im Sü polarmeer ausgesetzt. Was der geneigte

Leser Ausgabe für Ausgabe vorgesetzt bekommt ist schlicht gefä hrlicher Unsinn!

 

Angefangen bei der Hardware muß festgestellt werden, das handelsü bliche Notebooks zwar transportabel sind,

aber nicht dafür konzipiert werden während des Betriebes permanent durchgeschüttelt zu werden. Sie sind i.d.R.

nicht für das feuchte Raumklima, welches auf den meisten Yachten nun gelegentlich mal herrscht vorgesehen.

Ausfälle sind also vorprogrammiert. Spritzwassergeshcützte Systeme kosten ein Vielfaches der Preise von

"normalen" Notebooks.

Im DV technischen High End Bereich werden Onlinezeiten von 99.999% erwartet und teils auch vorausgesetzt.

dort wird aber auch von Dual powers supplies, redundanten Systemen, no single point of failure etc... geredet

und entsprechendes Geld dafür gezahlt. Welcher IT-Verantwortliche wü rde eine geschäftkritische Datenbank auf

ein Notebook legen? Wohl keiner.

Kein IT-Verantwortlicher fühlt sich wohl bei dem Gedanken wichtige Anwendungen unter den Windows "Home"

Derivaten wie 95, 98, ME u.s.w laufen zu lassen, schon gar nicht mit der Maßgabe, das nach Feierabend die

Kinder der Sachbearbeiter Doom auf der Kiste zocken.

Wieviel Aufwand wird schon am heimischen PC betrieben um sich keine Viren einzufangen? Wird jeder Patch oder

Fix auch auf dem Rechner auf der Yacht eingespielt? Firewallfunktionen sogar? Wohl eher nicht.

 

Was ist mit dem Argument des Geld sparen bei elektronischen Seekarten, wenn ich sowieso zusätzlich die

Papierversion kaufen muß? Oder fahre ich dann im Notfall mit Karten, die seit 5 Jahren nicht berichtigt

wurden?

Der eigentliche Knackpunkt ist aber der Mensch selbst.

Wie zuverlässig kann ich denn noch koppeln, wenn ich 2 Jahre lang meine Position nur auf dem Bildschirm

ablesen musste und meine Stromdreiecke von Excel habe malen lassen? Finde ich meinen Zirkel noch oder ist

der inzwischen bei den Kinderspielen über Bord gegangen?

Finde ich die Frequenzen auf denen die Seewetterberichte ausgestrahlt werden noch im Kurzwellenradio oder

habe ich das Teil schon längst des besseren Klanges wegen gegen ein Autoradio ausgetauscht?

 

Mein Ansatz ist, das ich aus Sicherheitüberlegungen immer ausschliesslich klassiche Papiernavigation

mit Kopplung und Peilung mache und einzig die Standortbestimmung mit einem GPS bestätige. Mit dieser

Meinung mag ich vielleicht recht allein da stehen, aber ich komme auch alleine da an wo ich hinwollte.